Wildbienen in Baierbrunn

Eine Untergruppe der Insekten stellen die Wildbienen dar. In Deutschland gibt es ca. 560 verschiedene Wildbienenarten. Hummeln zählen auch zu den Wildbienen, die Honigbiene jedoch nicht.

 

Die Lebensweise der verschiedenen Wildbienenarten ist sehr unterschiedlich: ein Großteil der Wildbienenarten in Deutschland lebt solitär, d.h. die einzelne weibliche Wildbiene ist für den Nestbau, das Eierlegen und den Futtereintrag für die Wildbienenlarven zuständig. Eine Brutpflege, wie man sie von der Honigbiene kennt, erfolgt in den meisten Fällen nicht. Es gibt aber auch sozial lebende Wildbienen, wie z.B. die Hummeln. Im Gegensatz zur Honigbiene lebt ein Hummelvolk aber nur für eine Saison und die neuen Königinnen müssen nach dem Winter ein neues Nest gründen und aufbauen. Zwischen der erwähnten solitären Lebensweise und der sozialen Lebensweise bei Wildbienen gibt es bei den verschiedenen Wildbienenarten auch Abstufungen und Übergänge. So teilen sich manche Weibchen einer Art zuweilen einen Nesteingang (teils mit abgestellter Wächterbiene), aber sind selbstständig für ihre Brut zuständig.

 

Wie viele andere Insekten, so sind auch unsere Wildbienen sehr stark vom Artensterben betroffen. Während Honigbienen von einem Imker umhegt werden, sind Wildbienen auf sich alleine gestellt. Der Verlust ihrer Lebensräume durch zunehmende Flächenversiegelung und immer monotonere Agrarlandschaften, der Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln, der Rückgang ihrer Nahrungspflanzen, aber auch der Klimawandel stellen die erfolgreiche Reproduktion unserer Wildbienen vor immer größere Herausforderungen. Im Gegensatz zu Honigbienen weisen Wildbienen eine speziellere Lebensweise auf:

 

 

Was benötigen Wildbienen, um erfolgreich nisten zu können?

 

1. Eine passende Unterkunft (die Art der benötigten Unterkunft ist bei den einzelnen Wildbienenarten und -gruppen sehr unterschiedlich) – siehe „Nistplätze von Wildbienen“

 

2. Nistmaterial (die Art des benötigten Nistmaterials ist bei den einzelnen Wildbienenarten und -gruppen sehr unterschiedlich) – siehe „Nistmaterial von Wildbienen“

 

3. Pflanzen, die Nektar spenden (überwiegend als Nahrung für die erwachsene Wildbiene selbst, aber auch für den Larvenproviant) – siehe „Pollen-, Nektar- und Ölpflanzen für Wildbienen“

 

4. Pflanzen, die Pollen spenden (überwiegend für den Larvenproviant nötig, aber wird teils auch von den erwachsenen Wildbienen selbst gefressen) – manche Wildbienenarten sammeln nur Pollen von ganz bestimmten Pflanzenarten oder -familien – siehe „Pollen-, Nektar- und Ölpflanzen für Wildbienen“

 

5. Manchen Wildbienenarten brauchen noch spezielle Öle von bestimmten Pflanzenarten (z.B. vom Gilbweiderich - dies ist aber ein eher spezieller Fall) – siehe „Pollen-, Nektar- und Ölpflanzen für Wildbienen“

 

All diese Materialien müssen in einem räumlich möglichst nah gelegenen Umkreis gleichzeitig vorhanden sein! Je näher all diese benötigten Ressourcen beieinander liegen, desto vorteilhafter ist dies für die Fortpflanzung der Wildbienen. Viele Wildbienenarten brauchen die Futterquellen im Umkreis von maximal 100-200 m um den Nistbereich! Sie müssen dadurch geringere Flugstrecken zurücklegen, um Nistmaterial oder Larvenproviant herbeizuschaffen, das spart somit Zeit und Energie und sie können mehr Nachkommen produzieren. Apropos Nachkommen: Aufgrund ihrer meist solitären Lebensweise und ihrer teils recht aufwändigen Nistweise produzieren manche Wildbienenarten pro Saison nur recht wenige Nachkommen, teils nur 3-10 Eier. Ein Großteil der Wildbienenarten bildet pro Jahr auch nur eine Generation, d.h. man sieht sie oft lediglich für einen kurzen Zeitraum von z.B. 4 Wochen fliegen, in welchem sie ihre Eier legen, die Brutzellen mit Proviant versorgen und verschließen. Die ausgewachsenen Wildbienen sterben nach dieser Phase bereits wieder (es gibt aber auch Ausnahmen mit längerer Lebenszeit). Die Männchen, welche sich nicht an den Nistaktivitäten beteiligen, sterben in der Regel bereits nach der Paarung, d.h. deren Lebensdauer ist deutlich kürzer als die der Weibchen. Der Wildbienennachwuchs überdauert als Ruhelarve, Puppe oder als Biene bis zur Weiterentwicklung oder dem Schlüpfen im nächsten Jahr.

 

Nistplätze von Wildbienen

 

Jeder hat sie vermutlich schon gesehen: Die Wildbienennisthilfen in Form von „Hotels“, bestehend aus Bohrungen in Holz oder mit Bambusröhrchen bestückt. Solche „Wildbienenhäuser“ hat jetzt auch die Gemeinde Baierbrunn an den Blühwiesenflächen aufgestellt (Abb. 1, Abb. 2, Abb. 3). Diese Nisthilfen werden in der Regel von Wildbienenarten (und auch anderen Insekten, wie z.B. Grabwespen) angenommen, welche (noch) nicht bedroht sind, dennoch sind sie eine gute Möglichkeit sich das Nistverhalten der Wildbienen genauer anzusehen und sie zu beobachten. In der Regel sind Wildbienen sehr friedfertig und stechen nur, wenn sie unmittelbar bedroht werden. Sie können sich also gerne den Wildbienenhäusern vorsichtig nähern, aber bitte stören sie die Wildbienen bei ihrer Arbeit nicht. Genauere Informationen zum Nistverhalten der rostroten und der gehörnten Mauerbiene, welche im Frühjahr gerne in solche „Insektenhotels“ einziehen, können Sie weiter unten lesen („Nistweise von solitären Wildbienen am Beispiel der gehörnten Mauerbiene (Osmia cornuta) und der rostroten Mauerbiene (Osmia bicornis)“).

 

Der Großteil der Wildbienenarten nistet jedoch nicht in solchen bereitgestellten Nisthilfen! Die meisten heimischen Wildbienenarten (ca. 75%) nisten in der Erde und brauchen freie Erdflächen, in die sie ihre Nistgänge graben können – manche Wildbienen bevorzugen Steilhänge, andere nehmen lieber ebene Flächen – manche Wildbienen brauchen lehmigen Boden, andere wiederum Sandböden.

 

Dann gibt es wiederum Wildbienenarten, die in Totholz nisten (die große Holzbiene beißt sich dazu selbst Gänge ins morsche Holz). Die Besiedler von den oben erwähnten Nisthilfen kommen natürlicherweise auch im Holz vor und nisten z.B. in ehemaligen Käfer-Fraßgängen.

 

Und wiederum andere Wildbienengruppen wählen markhaltige Stängel als „Wohnung“ aus. Diese beißen sich die Nistgänge in das Mark von z.B. Brombeerranken oder alten Königskerzenstängeln.

 

Und wenn Sie Ihre Augen im Garten oder in der Natur offen halten, so können Sie u.U. auch die zweifarbige Schneckenhaus-Mauerbiene beobachten. Diese nistet in leeren Schneckenhäusern von z.B. Schnirkelschnecken. Es gibt auch noch weitere Wildbienenarten, die ihre Nester in leere Schneckenhäuser unterschiedlicher Schneckenarten anlegen.

 

Und schlussendlich kümmern sich ca. 20-25% der Wildbienenarten gar nicht um die eigene Nestanlage und sammeln auch keinen Pollen für ihren Nachwuchs, sondern sie schleusen ihre Eier in die Nester anderer Wildbienen ein und fressen deren Eier bzw. Larve und den Larvenproviant. Diese Gruppe von Wildbienen bezeichnet man als Kuckucksbienen.

 

 

Nistmaterial von Wildbienen

 

Die meisten Wildbienen kleiden ihre Brutröhren innen aus. Viele nutzen dafür eigene Sekrete oder eine Art Seide, manche Arten sammeln Pflanzenhaare, schneiden Stückchen von Blütenblättern oder von Pflanzenblättern aus und nutzen sie als „Tapete“ zur Auskleidung ihrer Niströhren. Auch die Zwischenwände zwischen den einzelnen Brutzellen (sofern die Wildbienenarten einzelne Brutzellen anlegen) besteht artspezifisch aus unterschiedlichen Materialien: z.B. Lehm, Blattstückchen, kleinen Steinchen oder Harz.

 

Pollen-, Nektar- und Ölpflanzen für Wildbienen

 

Wildbienen sammeln sowohl Pollen als auch Nektar. Im Gegensatz zur Honigbiene produzieren Wildbienen jedoch keinen Honig. Den Nektar verwenden sie überwiegend für sich selbst als Energiequelle. Den Pollen sammeln sie hauptsächlich zur Verproviantierung der Brutzellen, d.h. für ihren Nachwuchs. Honigbienen sind in Bezug auf die Nektar- und Pollenquellen wenig spezialisiert und sammeln die Rohstoffe von allen geeigneten Blüten.

 

Was die Nektarquellen anbelangt, so sind Wildbienen auch nicht allzu wählerisch und trinken bzw. sammeln diesen von verschiedenen Pflanzenarten und -familien – sofern sie vom Körperbau her befähigt sind an die Nektarquellen der entsprechenden Blüten heranzukommen. Akeleien werden somit z.B. überwiegend von der Gartenhummel besucht, da diese mit ihrem langen Rüssel an die Nektarquelle am hinteren Ende des Blütensporns gelangt. Auch der Beinwell ist für langrüsslige Bienenarten konzipiert, jedoch nutzt u.a. auch die Erdhummel mit ihrem kurzen Rüssel den Nektar der Beinwellblüten – sie beißt dazu allerdings ein Loch ans seitliche untere Ende der Blüte und steckt dort ihren kurzen Rüssel hinein. Dieses Verhalten wird als Nektarraub bezeichnet, weil die Blüten dabei nicht bestäubt werden.

 

Im Hinblick auf die Pollenquellen sind Wildbienen allerdings teilweise sehr wählerisch: Während es einige, sogenannte polylektische, Arten gibt, welche den Pollen von Pflanzen unterschiedlicher Pflanzenfamilien sammeln (z.B. die meisten Hummelarten oder die unten beschriebenen rostroten und gehörnten Mauerbienen), so gibt es auch zahlreiche Wildbienenarten, die eine mehr oder weniger starke Spezialisierung aufweisen – oligolektisch genannt. Letztere sammeln den Pollen lediglich von bestimmten Pflanzengattungen (z.B. Glockenblumen oder Hahnenfuß) oder bestimmten Pflanzenfamilien (z.B. Lippenblütler, Korbblütler). Wenn die benötigten Pflanzen nicht zur Verfügung stehen, können diese Wildbienenarten ihren Nachwuchs nicht mit dem benötigten Pollen versorgen. Deshalb ist es wichtig, dass die Blütezeit der Nahrungspflanzen der Wildbienen und die Flugzeit der Wildbienen synchronisiert sind, also zur gleichen Zeit am gleichen Ort vorkommen.

 

Wenn Sie in Ihrem Garten etwas für Wildbienen tun möchten, so achten Sie darauf, dass Sie möglichst ungefüllt blühende Pflanzen kultivieren (bei gefüllt blühenden sind die Staubblätter, die normalerweise den Pollen bilden, ganz oder teilweise in Blütenblätter umgeformt) und dass Sie eine gewisse Vielfalt an Pflanzen in Ihrem Garten schaffen, welche ein abwechslungsreiches Blütenangebot vom Frühjahr bis zum Herbst schafft. Heimische Pflanzen sind den Wildbienen bekannt und werden somit sehr gerne als Nahrungsquelle genutzt, aber natürlich werden auch nicht heimische Pflanzen von Wildbienenarten besucht (teils aber zu einem geringeren Grad als heimische Pflanzen).

 

 

Nisthilfen für Wildbienen

 

Ohne Nistmöglichkeiten können Wildbienen nicht für Nachwuchs sorgen. Sie können also durch die Schaffung von Nistmöglichkeiten in Ihrem Garten oder auf dem Balkon dazu beitragen, das Leben der Wildbienen etwas zu erleichtern. Oft werden diese Nistmöglichkeiten nicht nur von Wildbienen, sondern auch von solitär lebenden Wespen besiedelt. Sie benötigen genauso wie unsere Wildbienen unseren Schutz und unsere Unterstützung. Diese solitär lebenden Wespenarten sind völlig harmlos und werden definitiv nicht auf ihrem Zwetschgenkuchen im Herbst auftauchen, denn für Zwetschgenkuchen interessieren sich nur zwei Wespenarten - die deutsche Wespe und die gemeine Wespe! Diese beiden Arten sind staatenbildend und ziehen nicht in Wildbienennisthilfen ein!

 

Als Nisthilfen können Sie z.B. anbieten:

 

- Nisthölzer / Hartholz mit Bohrungen (bitte darauf achten, dass die Löcher einen Durchmesser von 2-10 mm aufweisen – je nach Wildbienenart ist eine andere Größe bevorzugt – und dass die Bohrungen sauber ausgeführt sind, da sich die Wildbienen an splitternden Kanten die Flügel verletzen können; Bohrungen in Holz sollten immer ins Längsholz, nicht ins Stirnholz erfolgen, um Rissen vorzubeugen; nicht komplett durch das Holz bohren, sodass die Röhren hinten geschlossen sind)

 

- Hohle Stängel, z.B. Schilf oder Bambus (bitte darauf achten, dass die Löcher einen Durchmesser von 2-10 mm aufweisen – je nach Wildbienenart ist eine andere Größe bevorzugt – und dass die Stängel sauber abgeschnitten sind, da sich die Wildbienen an splitternden Kanten die Flügel verletzen können; diese Stängel werden am besten fest in einen Rahmen gesteckt, sodass sie von Vögeln nicht herausgezogen werden können und hinten geschlossen sind – oder sie werden so abgeschnitten, dass sich auf der Rückseite ein natürlicher „Knoten“ befindet)

 

Die in Baierbrunn aufgestellten Wildbienenhotels sind eine Kombination aus den beiden oben genannten Materialien. Die an solchen Nisthilfen am häufigsten zu beobachtenden Wildbienenarten sind in Abb. 4 aufgeführt.

 

- Niststeine aus Ton mit Löchern (äquivalent zu Bohrungen im Holz)

 

- Markhaltige Stängel (diese sollten nicht gebündelt werden, sondern einzeln stehen und mehr oder weniger aufrecht angebracht werden; am besten oben abbrechen oder abschneiden, sodass das Mark zugänglich ist – dies imitiert z.B. abgebrochene Brombeerruten in der Natur)

 

- Steilwände aus Schluff oder Löss (aber diese Nisthilfen sind künstlich schwer herzustellen; am geeignetsten sind entsprechende Strukturen in der Natur)

 

- Künstlich angelegte Sandarien oder einfach offene Bodenstellen im Garten – sei es an Hängen, oder auch auf ebenen Flächen. Manche Wildbienenarten besiedeln gerne lückige Rasenstellen oder andere vegetationsfreie Bodenbereiche sowie ungepflasterte Wege.

 

- Im Garten auf dem Boden liegen gelassene, leere Schneckenhäuser

 

- In der Sonne stehendes Totholz

 

Nisthilfen, welche mit Stroh oder Zapfen gefüllt sind, können zwar ein guter Unterschlupf für andere Insekten oder Spinnen sein, aber von Wildbienen werden diese nicht besiedelt.

 

Als Standort eignet sich sehr gut eine Ausrichtung nach Osten, sodass die Wildbienen bereits in der Morgensonne Wärme tanken und ausfliegen können. Aber auch eine Ausrichtung nach Südosten oder Süden ist empfehlenswert. Außerdem sollte der Standort möglichst trocken sein, damit die angelegten Vorräte und Nistmaterialien nicht verpilzen.

 

Wenn Sie sich weiterführender mit dem Thema beschäftigen wollen, so finden Sie dazu zahlreiche Informationen auch im Internet, z.B:

 

- https://www.wildbiene.com/standard/content.php?am=3&as=0&am_a=3

 

- https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/tiere_und_pflanzen/vielfalt_sorgt_fuer_vielfalt_wildbienen_nisthilfen.pdf

 

https://www.wildbienenwelt.de/wildbienen-schuetzen/nisthilfen-die-funktionieren/190584.html

 

Abb. 4: Die häufigsten Wildbienenarten an Nisthilfen mit hohlen Niströhren (Holzbohrungen, hohle Pflanzenstängel, Niststeine). Abbildung mit freundlicher Genehmigung übernommen von Wildbienenglück (www.wildbienenglueck.de)
Abb. 4: Die häufigsten Wildbienenarten an Nisthilfen mit hohlen Niströhren (Holzbohrungen, hohle Pflanzenstängel, Niststeine). Abbildung mit freundlicher Genehmigung übernommen von Wildbienenglück (www.wildbienenglueck.de)

 

Nistweise von solitären Wildbienen am Beispiel der gehörnten Mauerbiene (Osmia cornuta) und der rostroten Mauerbiene (Osmia bicornis)

 

Die gehörnte Mauerbiene und die rostrote Mauerbiene sind recht häufig vorkommende, solitär lebende Wildbienen, welche man gut an künstlichen Nisthilfen, mit waagrechten Schilf- bzw. Bambusstängeln bestückt, oder mit Bohrungen im Hartholz beobachten kann. Beide Arten sind in der Wahl ihres Lebensraums nicht allzu wählerisch und so kann man sie auch zahlreich in Dörfern und sogar Großstädten antreffen. Sie lassen sich auch mit sehr gutem Erfolg an künstlichen Nisthilfen ansiedeln, solange diese geeignete Röhren mit einem Innendurchmesser von 5-7 mm (für Osmia bicornis) und 7-9 mm (für Osmia cornuta) aufweisen. Somit ist zu erwarten, dass Sie diese Wildbienenart(en) in Zukunft regelmäßig im Frühjahr an den neu aufgestellten Wildbienenhäusern in Baierbrunn beobachten können – sobald die lokalen Mauerbienen-Populationen die neuen Nistmöglichkeiten entdeckt haben werden. Osmia cornuta ist bereits sehr früh im Jahr aktiv, man kann sie in der Regel in den Monaten März bis Mai (je nach Witterung) beobachten; Osmia bicornis schlüpft etwas später und ist hauptsächlich im Mai und Juni aktiv. Beide Wildbienenarten bilden im Jahr nur eine Generation.

 

Die Männchen schlüpfen im Frühjahr meist ca. 1 Woche früher als die Weibchen und „lungern“ dann in der Nähe der Niströhren herum, um die später schlüpfenden weiblichen Individuen für die Paarung abzupassen.

 

Als Baumaterial für die Zwischenwände der Nistzellen und als Abschlussdeckel der Niströhren brauchen diese Wildbienenarten feuchten Lehm oder lehmigen Sand, den sie als kleine Kugeln an die Nisthilfe heranschaffen und dort verarbeiten.

 

Die einzelnen Brutzellen werden von den Wildbienen in den Röhren hintereinander angelegt (Abb. 5). In die hinteren Zellen werden nach dem Eintrag des Futters für die Larven Eier abgelegt, aus denen sich weibliche Wildbienen entwickeln werden (befruchtete Eier), in die vorderen Zellen erfolgt die Ablage von unbefruchteten Eiern. Aus diesen entwickeln sich männliche Wildbienen. Für die weiblichen Brutzellen tragen die Wildbienen auch in etwa die doppelte Futtermenge ein als für die männlichen Brutzellen. Somit haben die weiblichen Larven mehr Nahrung zum Fressen und werden als ausgewachsene Wildbiene größer als männliche Individuen. Bezüglich der Futterquellen sind beide Mauerbienenarten nicht wählerisch und nehmen mit dem Vorlieb, was genügend Pollen bzw. Nektar bietet. Für den Nachwuchs wird überwiegend Pollen als Futter eingetragen, welcher mit etwas Nektar vermischt wird. Nach einem Sammelflug kriecht die rostrote Mauerbiene zuerst vorwärts in die Niströhre, kommt anschließend wieder heraus, dreht sich um und kriecht sodann rückwärts in den Gang, um den Pollen von der Bauchbürste (diese Wildbienenarten sammeln den Pollen nicht, wie die Honigbienen am Bein, sondern am Bauch) abzustreifen. Um sich bei diesem Vorgang nicht die Flügel zu verletzen, ist es wichtig, dass die Bohrungen in Holzblöcken von Nisthilfen sauber ausgeführt sind.

 

Die einzelnen Brutzellen werden durch Mörtelquerwände voneinander abgegrenzt und ebenso wird der endgültige Nestverschluss aus feuchtem Lehm gebaut. In den meisten Fällen befindet sich direkt hinter dem Nestverschluss noch eine leere Zelle, sodass eine Meise, die den Nestverschluss aufhackt, buchstäblich „in die Röhre schaut“.

 

Abb. 5: Beispiel einer Niströhre der gehörnten oder rostroten Mauerbiene nach der Eiablage. Abbildung mit freundlicher Genehmigung übernommen von Wildbienenglück (www.wildbienenglueck.de)
Abb. 5: Beispiel einer Niströhre der gehörnten oder rostroten Mauerbiene nach der Eiablage. Abbildung mit freundlicher Genehmigung übernommen von Wildbienenglück (www.wildbienenglueck.de)

 

 

Nach dem Schlüpfen fängt die Larve an den eingetragenen Vorrat zu fressen. Nach mehreren Häutungen und dem Auffressen des Proviants (dies dauert ca. 3-4 Wochen) fertigt die Larve einen Kokon und verpuppt sich nach kurzer Ruhezeit. Bereits im August liegen die vollentwickelten Wildbienen in ihren Kokons und überwintern in diesem Stadium, bis sie sich dann im nächsten Frühjahr durch die Kokonwand, die Zellzwischenwände und den Nesteingang ins Freie nagen und sich der Lebenszyklus von Neuem wiederholt.[„Die Wildbienen Deutschlands“, Paul Westrich, Verlag Eugen Ulmer, 2018]

 

Mit all diesen Hintergrundinformationen wünschen wir Ihnen nun viel Spaß und viele „Aha-Momente“ beim Beobachten der Wildbienen in Baierbrunn!